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Fliegen ohne Flugleiter – Erste Erfahrungen vom Verkehrslandeplatz Borkenberge (EDLB)

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Florian Weber, Geschäftsführer der Borkenberge Gesellschaft am Verkehrslandeplatz, berichtet über die Einführung des „Fliegens ohne Flugleiter“. Der Flugplatz war der Erste in NRW, der diese Genehmigung erhielt. Im Interview erläutert Weber, wie der Flugplatz frühzeitig ein Konzept entwickelte, um diese Neuerung zu ermöglichen, welche Bedingungen dafür gelten, und welche Vorkehrungen getroffen wurden, um die Sicherheit und Ordnung auch außerhalb der regulären Betriebszeiten zu gewährleisten.

AEROCLUB | NRW: Florian Weber, wie kam es dazu, dass der Flugplatz Borkenberge als erster in NRW das „Fliegen ohne Flugleiter“ genehmigt bekommen hat?

Florian Weber: Soweit ich weiß, waren wir tatsächlich der erste Flugplatz in NRW, dem diese Genehmigung erteilt wurde. Wir haben uns frühzeitig mit dem Thema beschäftigt und ein Konzept erstellt, noch bevor die Genehmigungsbehörde – in unserem Fall die Bezirksregierung Münster – überhaupt die Möglichkeit der Genehmigung hatte. Als der Bund dann die Grundlagen schuf, Flüge ohne Flugleiter zuzulassen, waren wir schon bereit, unseren Antrag einzureichen.

AEROCLUB | NRW: Unter welchen Bedingungen findet das Fliegen ohne Flugleiter in Borkenberge statt?

Florian Weber: Von Anfang an war uns klar, dass dies nur außerhalb der regulären Öffnungszeiten stattfinden kann. Während der Betriebszeiten ist einfach zu viel los, und es gibt viele Aufgaben, die ein Flugleiter übernehmen muss – das Hauptflugbuch führen, Landegebühren kassieren und unsere Tankstelle für fremde Flugzeuge freischalten, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch das Thema Sicherheit ist wichtig, da der Flugleiter in der Vergangenheit beispielsweise schon einige Unfälle verhindern konnte.

AEROCLUB | NRW: Wie sieht es mit der Sicherheit und der Infrastruktur aus, wenn kein Flugleiter anwesend ist?

Florian Weber: Außerhalb der Betriebszeiten stehen öffentlich zugängliche Handfeuerlöscher zur Verfügung und der Notfallplan ist ausgehängt. Dies wird in den NfL zum Feuerlösch- und Rettungswesen so gefordert. Ebenso ist unser Feuerwehrfahrzeug während der Betriebszeiten jederzeit verfügbar, obwohl es für private Luftfahrzeuge eigentlich nicht mehr vorgeschrieben ist. Für gewerbliche Flüge wie Personentransport oder Fracht sind wir jedoch verpflichtet, ein Feuerwehrfahrzeug und geschultes Personal bereitzuhalten. Zudem bleibt der Turm durchgängig besetzt, sodass sieben Tage die Woche telefonisch ein Ansprechpartner verfügbar ist.

Rettungswagen am Flugplatz Borkenberge
Rettungswagen am Flugplatz Borkenberge
Rettungswagen EDLB
Rettungswagen EDLB

AEROCLUB | NRW: Gab es besondere Vorkehrungen, um Rücksicht auf die umliegenden Anwohner zu nehmen?

Florian Weber: Ja, wir haben uns selbst Beschränkungen auferlegt. So haben wir entschieden, dass außerhalb der regulären Betriebszeiten keine Platzrunden ohne Flugleiter durchgeführt werden dürfen. Lokalflüge mit einer Landung oder Streckenflüge sind jedoch in Ordnung. Wir wollen so verhindern, dass es zu Beschwerden kommt, wenn etwa laute Flugzeuge frühmorgens oder spätabends Platzrunden fliegen.

AEROCLUB | NRW: Welche Regelungen gelten für den Betrieb außerhalb der regulären Öffnungszeiten?

Florian Weber: Wir haben uns für eine PPR-Regelung (Prior Permission Required) entschieden. Das bedeutet, dass Piloten sich vorab anmelden müssen, damit wir wissen, was auf dem Flugplatz passiert. Neben den regulären Flügen nutzen Modellflieger und auch die DEKRA unsere Bahn für Fahrzeuggeräuschmessungen am frühen Morgen. Diese verschiedenen Aktivitäten könnten zu gefährlichen Situationen führen, wenn wir nicht darüber informiert sind.

AEROCLUB | NRW: Wie funktioniert die Anmeldung für Flüge außerhalb der Betriebszeiten?

Florian Weber: Auf unserer Homepage haben wir ein Anmeldeformular eingerichtet: PPR-Anmeldung in Borkenberge. Dort müssen alle Antragssteller die Regeln und potenziellen Gefahren per Checkbox bestätigen, bevor sie den Antrag abschicken können.

AEROCLUB | NRW: Gab es Mitglieder, die eine uneingeschränkte Freigabe für das Fliegen außerhalb der Betriebszeiten gewünscht hätten?

Florian Weber: Ja, einige Mitglieder hätten sich eine grundsätzliche Freigabe gewünscht. Aber aufgrund der Sicherheits- und Organisationsaspekte haben wir uns dagegen entschieden. Auch außerhalb der Betriebszeiten muss das Hauptflugbuch geführt werden, und wir haben die Verantwortung an die Pilotinnen und Piloten übertragen, ihre Flugdaten nach dem Flug bei uns zu melden.

AEROCLUB | NRW: Wie habt ihr das Problem mit dem Hauptflugbuch bei Euch gelöst?

Florian Weber: Wir haben ein Webformular eingerichtet, über das die Piloten ihre Flugdaten nach dem Flug melden können: Nachmeldung PPR-Flüge. Alternativ können sie während der Betriebszeiten auch telefonisch oder auf anderem Weg die Daten an den Flugleiter übermitteln, der sie dann ins Hauptflugbuch einträgt.

AEROCLUB | NRW: Wie sind Eure bisherigen Erfahrungen mit dem Betrieb ohne Flugleiter?

Florian Weber: Wir haben inzwischen etwa ein halbes Jahr Erfahrung und insgesamt 80 Anfragen erhalten. Ein Teil der Flüge ist wetterbedingt oder aus anderen Gründen ausgefallen oder wurde in die Betriebszeit verschoben. Geschätzt fanden etwa zwei Drittel der beantragten Flüge tatsächlich ohne Flugleiter statt. In wenigen Fällen wurden die Flugdaten für das Hauptflugbuch nicht gemeldet, aber durch die PPR-Regelung konnten wir nachhaken.

AEROCLUB | NRW: Gab es Herausforderungen bei kurzfristigen Anfragen?

Florian Weber: Ja, es kam ein paar Mal vor, dass wir nach 22:00 Uhr eine Anfrage für einen Start am nächsten Morgen erhalten haben. Das funktioniert nicht immer, da wir nicht rund um die Uhr E-Mails abrufen. In solchen Fällen konnte der geplante Start dann nicht stattfinden, und wir hoffen auf das Verständnis der Piloten.

AEROCLUB | NRW: Wie seht ihr die Zukunft des Fliegens ohne Flugleiter in Borkenberge?

Florian Weber: Insgesamt ist es eine vielversprechende Möglichkeit, den Flugbetrieb über die regulären Betriebszeiten hinaus zu erweitern. Natürlich erfordert es zusätzlichen Aufwand: Die Anträge müssen geprüft, freigegeben und die Flugdaten müssen nachträglich erfasst werden. Da dies für uns und andere Flugplatzbetreiber Neuland ist, hatten wir keine Erfahrungswerte oder Tipps von anderen Flugplätzen. Ich bin mir sicher, dass es in Zukunft noch Verbesserungen geben wird, aber wir wollten einfach den ersten Schritt wagen.

Anmerkung der Redaktion:
Der Flugleiter heißt jetzt Betriebsleiter. Das wissen wir. Wir haben im Interview aber bewusst die alte Terminologie beibehalten, um den gebräuchlichen Begriff „Fliegen ohne Flugleiter“ zu erhalten.

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